Das gebrannte Männerherz – Teil 2

Welche Aufgabe könnte die männlichen Kraft heute haben?

 – der resignierte Grals-suchende entdeckt den Segen seiner eigenen inneren Wüste und restauriert so seine Kraft.

Da ich in diesem Sommer immer wieder zwei widersprüchliche Sätze in einem Atemzug gehört habe, (nämlich: 1. “Es gibt im Grunde keinen Unterschied zwischen männlich und weiblich – Wir sind alle Menschen”. Und 2. “Ich will meine männliche Kraft entdecken”) möchte ich kurz etwas zur Benützung der (Non-)Dualität sagen: Einssein und stärkste Ausdifferenzierung schließen sich höchstens in mancher Ratio aus, in diesem Universum bedingen und ergänzen sie sich jedoch unerschöpflich wie Tag und Nacht. Je mehr wir (oft widersprüchige) Differenzen wahrnehmen können, akzeptieren und integrieren können, desto mehr Einheit können wir auch erfahren. Über diese von jede*r/m zu jederzeit entdeckbare Einheit allen Lebens kann wenig gesagt werden. Die Ausdifferenzierung jedoch kann leichter beleuchtet und diskutiert werden.

Diesen zweiten Teil, den kollektiven Teil meiner Reflexion über das Männliche, möchte ich mit einem Dank beginnen. Einen Dank an alle Bemühungen vor mir. Ein Dank an meine Väter, die sich einer brutaleren Polarität stellen mussten, durch welche diese unverhältnismäßige und auch ungerechte Wohlstandsblase erkämpft wurde. Nur in dieser Blase kann ich heute hier feinstofflicher und reflektierter vorgehen. Und schreiben.

Was ist nun aus den patriachalen Gralssuchern geworden, aus den Großvätern, die an die harte Arbeit glaubten und an den gerechten Plan Gottes? Wohin mündete der Werte- und Richtungsverlust der Postmoderne? Wenn das weiblich Re-produktive1 im Kapitalismus den absoluten Tiefpunkt erlebt, heißt das nicht auch, dass der Gralssucher sich da seiner wahnsinnigen Angst des Scheiterns und  seiner Angst vor der Isolation stellen muss? Was heißt es da überhaupt Mann zu sein, wenn Kind und Frau* so hinten angereiht wird und nur mehr Extase und explosive Produktionsraten zählen? Wenn der Gral völlig vergessen scheint, wenn die Welt den Archetyp der großen Mutter nicht mehr kennt.

Ich glaube, dass das psychologisches Paradigma langsam wieder die Wiederaufwertung Shaktis – der (weiblichen) Lebensenergie ermöglicht. Ich möchte es einmal provokativ sagen:
„Es gibt nur eine Person, die in der Lage ist, die Harmonie in der Beziehung und in der Familie herzustellen, und das ist die Frau. Und da sie die einzige ist, die dazu in der Lage ist, ist sie auch diejenige, die verantwortlich ist. Männer haben nur eins im Sinn, nämlich ihre Partnerin glücklich zu machen.“  Mohr, Bärbel „Sex wie auf Wolke 7“ S.112, 4.Auflage, Koha 2010

Vorausgesetzt wir sehen die Gebärmutter als die Basis des biologischen, menschlichen Lebens an, würde es doch allein deswegen Sinn machen, die Wertschätzung der Reproduktion zu restaurieren. In der patriachalen Endzeit, dem Turbokapitalismus zerstören wir, wie ein Krebsgeschwür täglich unsere eigene Überproduktion (- zu viele Lebensmittel in zu viel Plastik eingepackt -) und zerstören auch unsere Lohnsklaven auf allen Kontinenten (Burnout bis Hunger und Selbstmord als Folge). Wir produzieren viel zu viel und das Reproduktive verliert mehr und mehr an Wert. Broker verdienen, Sozialarbeit wird quasi bestraft. Der Archetyp der großen Mutter ist total vergessen. Stattdessen herrscht ihr Negativ: Neid, Mangel und Geiz.

 

Der Weg vom Patriachalen und ewigen Unterjochen** hin zur Aufwertung Shaktis, der Lebensenergie – der Weg hin zum ständig sich selbsterneuernde Reproduktiven, geht, so glaube ich, über einen ganz bestimmte persönlichen inneren Angelpunkt. Er heißt: Das Trauma nützen. 

 

Was ist damit gemeint? Das, woran du und die Gesellschaft in ihrem Lebensraum Erde scheitern kann, das was dich und uns alle bedroht, das allein kann uns auch wirklich wachsen lassen. Das alltägliche gegenseitige „Traumatisieren“ in unseren Beziehungen (Verletzungen, Ignoranz, Machtkämpfe und Rosenkriege) schreit nach einer höheren Ausrichtung in dir oder nach einem Loslassen. Es schreit nach einem Neujustieren deines Lebenssinnes oder nach einem Tod des Egos. Es rückt dir das Wesentliche ins Blickfeld. Zwischen Leben und Tod können wir aufwachen, unsere ureigene Kraft wird allein so herausgeschält. Eine Geschichte des Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern, die alles wandeln darf. Ohne Ungleichgewicht keine Spannung und so auch keine Wandlung.

 

Übersetzt auf die Aufgabe des Mannes, der um den Kreis der Frauen und Kinder herum nur Shakti, der Lebenskaraft, dienen möchte, hieße das „Trauma nutzen“ vielleicht Folgendes:

Stell dir vor du hast keinen Einfluss auf deine Frau. Kannst du damit leben? Du als Mann, der nichts als Shakti dienen möchte, sie glücklich machen willst, machst sie mit jeder gut gemeinten Absicht nur noch wütender. Sie gebiert uralten unterdrückten Zorn gegen die Gewalt der Männer. Du bekommst Jahre lang diese Wut ab und fühlst, dass du nah am Ziel bist, dass sie deine Liebe doch schließlich erkennt. Doch nun stell dir vor, dass das Ziel ein ganz ein anderes sei. Sie bemerkt nichts und wieder nichts, schätzt dich nicht wert. Doch du bemerkst dich und beendest deinen Kampf gegen dich und deine Welt. Du beendest deinen Schrei nach der Mutter, die sich so zurückgezogen hat. Gibst zu, dass du ihr nichts geben kannst oder dass sie nichts nehmen kann. Und umgekehrt: Du erhältst nichts, sie gibt nichts. Ganz ohne Auftrag, ohne Aufgabe. Kannst du absichtslos, ohne Aufgabe einfach hier sein?

Bist du bereit in die innere Wüste, in die Defragmentierung geschickt zu werden? Welche Dämonen begegnen dir dort? Niemand anderen begegnen wir dort als uns selbst und einer immer wiederkehrenden Chance: Sobald wir unserer tiefsten inneren Gewalt gegen uns selbst und gegen unsere Umgebung, unserem gefühlten Ausgeschlossen- und Abgetrenntsein, unserer Angst und Trauer mit Leib und Seele, mit Haut und Haar näher kommen und dabei immer wieder liebevoll, still und in Verbindung damit bleiben können, wird uns ganz von selbst ein Sog wahrhaftigen tiefen Friedens ummanteln. So ein Eintauchen in unsere innerste Natur sortiert auch im Außen einiges neu oder erübrigt manche Fragen, die sich einst noch aus dem Mangel oder dem Misstrauen dem Leben gegenüber stellten.

 

 

daily traumaDer ursprüngliche Krieg, der Kampf der Geschlechter kann nur in dir selbst beendet werden. So bist du bereit für das Mysterium einer heiligen Beziehung. Manche Partner scheinen sich dem Größeren bereits zu stellen. Vielleicht reicht es auch schon einfach aus anzuerkennen, dass dieser Krieg zwischen den Geschlechtern herrscht, dass dieses Feld ständig aktiv ist, und schön können wir uns der kollektiven „Kloaken-Katharsis“ zur Verfügung stellen. Wir können davon ausgehen, dass es auf grundlegender Ebene erstmal gar nicht einfach sein kann zwischen Mann und Frau. Was da an Ungelöstem aus den letzten Jahrhunderten hochschwabbt, davor sind gerade achtsame, reflektierte Paare nicht gefeit. Der reptilhaften Realität in der Geschichte unserer Knochen erstmal eingedenk, kann es eventuell mit leichterem Gepäck ins Neue gehen.

 

Aber auch “ohne Beziehung” macht, so glaube ich, dieser vorgeschlagene Angelpunkt „das Trauma nutzen“ Sinn: Denn du bist immer in Beziehung. Immer. Egal, ob es die Frau an der Supermarktkassa, die Frau in deinem Bett, deine innere Frau ist, …ob es ein Mann oder eine von über 40 definierte Geschlechteridentitäten ist.

——

1 sich vom Kind bis zur Fahrradreparatur, sich um das Bestehende zu kümmern statt Neues zu produzieren.

* Am Anfang war ein Kreis von Männer. Sie schauten nach außen. Hinter ihrem Rücken beschützten sie Frauen und Kinder mit Lanzen, vor etwaigen Gefahren. Eine archäische Aufstellung.

** „Kreditvergaben“, „Wachstum“ als der grausame Tod auf Raten. Ein Tod, der eiskalt als Wohlstandssicherung verkauft wird; Spekulationen auf Lebensmittel, systemerhaltende Bankenrettungen, Zinseszinsen usw.

 

 

– hier geht´s  zu Teil 1 von “Das gebrannte Männerherz”

 

Seminarankündigung: „Das gebrannte Männerherz“

 Vom ungestillten Jungen zum (alleinerziehenden) Mann

Samstag 26. Sept. 15 Uhr bis Sonntag 27.Sept. 15 Uhr 2015, im Wienerwald

Zwei initiierte und alleinerziehende Väter, Georg Chvatal und Sascha Tscherni laden biologische Männer (auch Undefinierte sind willkommen) auf eine gemeinsame Tagesreise in die eigenen Kraft ein. Wir erforschen und begegnen der männlichen Kraft durch Bewusstseins-Übungen, Redekreise, Spiele und Erdung im Wald.
    •  „Wie können wir den Anforderungen unserer Gesellschaft gerecht werden, ohne uns dabei an die unhinterfragten und oftmals destruktiven Werte unserer Gesellschaft anzupassen?“ (J. Krishnamurti)
    • Als Seminarleiter zählen wir uns selbst zu manchmal frustrierten, oft gutmütigen Männern, die immer wieder neu und mutig in die eigene Kraft kommen wollen, die eine Sehnsucht nach Verstandensein und sich selbst verstehen wollen in sich tragen.
    • „Du bist hier an diesem Punkt angelangt, weil Du Dich so entschieden hast, du musst nur verstehen, warum du dich so entschieden hast. Noch ist es dir nicht ganz klar.“
    • Herzenskrieger, Spieler, Weiser verbinde dich mit deiner Ahnenkraft und entdecke deinen nächsten klaren Schritt!
      Warum sollte das Leben nicht auch dich in eine ganz neue Zeit vögeln“ – Erkenne dich an.
Leitung
Mag. Sascha Tscherni (*1974, Vater, Yogalehrer, mehr auf: https://so-sein.at/wp/2011/07/mich/)

Mag. Georg Chvatal (*1975, Vater, Gruppenleiter, Leiter für schamanische und tantrische Rituale, Musiker, Trommellehrer/-bauer,)
www.off-beat.at

 

Kosten:   EUR 80,– Die Kosten sind für Essen, Unterkunft, Initiative und Organisation des Treffens. Wir sehen uns als gleichwertig, gleich-verantwortlich und auf Augenhöhe mit dir im Kreis. Auch wenn wir zwei vielleicht manches Methodisches anregen werden, werden alle gleichsam von der Intelligenz des Kreises geleitet.
      Anzahlung bitte EUR 40,– auf das Konto IBAN: AT92 1100 0107 8159 6100 (lt. auf Georg Chvatal)

3 Kommentare

  1. “Nun versteht ja ein Mann nur wenig von Frauen. Habt ihr schon einmal einen Mann gesehen, der wirklich etwas von Frauen versteht? Habt ihr schon einmal eine Frau gefunden, die sagt: “Mein Mann versteht mich”? Und umgekehrt natürlich auch. Frauen verstehen nicht viel von Männern. … Also, wenn der Mann und die Frau einander begegnen, begegnen sie etwas Fremdem, etwas, was sie selbst nicht haben, etwas, was sie auch nicht verstehen, was sie aber brauchen. Der Mann braucht die Frau. Wozu ist er sonst ein Mann? Ohne Frau ist er doch kein Mann. Umgekehrt braucht die Frau den Mann. Ohne Mann ist sie ja keine Frau. Die Frau wird eine Frau erst durch den Mann. Oder?” Hellinger, Bert: “Glück, das bleibt. Wie Beziehungen gelingen” Herder 2012 S.50f

  2. Bin auf diesen Artikel gekommen, weil ich überlegt habe, beim Seminar mitzumachen. Aber nachdem ich den Text gelesen habe (oder besser gesagt versucht habe ihn zu lesen) hat mich das überzeugt NICHT mitzumachen. Ich kann dem ganzen überhaupt nicht folgen, die Sprache und Ausdrucksweise, die Gedankengänge – ist wohl einfach zu hoch für mich. Suche mir lieber etwas “auf Augenhöhe” womit ich in Resonanz gehen kann.

    • Danke Stefan. Ich bin ja nur eine Stimme des Kreises, aber wenn es dich generell abschreckt, wird´s wohl einfach nicht passen. Du findest sicher genau das Richtige für dich. Viel Glück und lieben Gruß.

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  1. "Gebrannte Männerherzen" - Loses Drüberfliegen | so-sein - […] Welche sinnvolle Aufgabe kommt denn der männlichen Kraft heute zu? Auch wenn die heutigen Familien heute kleiner sind als Sippen…

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